Logo der DFG-Forschergruppe: Tropischer Bergregenwald; TMF = Tropical Mountain Forest; DFG = Deutsche ForschungsGemeinschaft

Ziele der DFG-Forschergruppe "Tropischer Bergregenwald"

Tropische Bergregenwälder gehören zu den artenreichsten und empfindlichsten Ökosystemen der Erde. Doch der Regenwald wird zunehmend gerodet, weil die Bevölkerung der Tropen stetig wächst.

Die Forschergruppe aus Bio- und Geowissenschaftlern will den Schutz der Bergregenwälder auf eine wissenschaftliche Grundlage stellen, indem sie exemplarisch ein intaktes Waldökosystem sowie die derzeitigen Bewirtschaftungsformen des Bergwaldes in Ecuador analysiert, und aus den Ergebnissen Vorschläge für eine nachhaltige Nutzung entwickelt, die der einzigartigen Biodiversität Rechnung trägt.

Einleitung I Untersuchungsgebiet I Forschungsstation | Forschungsansatz I Vernetzung I

Einführung in die Projekte I Jüngste Forschritte und Pläne I

Populärwissenschaftlicher Artikel mit Fotos & Interviews (pdf-file, 6,6 MB)

Einleitung

Ecuador ist eines der Länder mit der höchsten Biodiversität der Erde. Allerdings ist diese hohe Artenvielfalt stark durch die nicht nachhaltige Landnutzung gefährdet. Kaum irgendwo in Südamerika verschwindet der Wald so schnell wie in Ecuador; vor allem zu Lasten des tropischen Bergregenwaldes. Der Wald wird hauptsächlich zu Weidezwecken gerodet. Nach wenigen Jahren der Weidenutzung verunkrauten die Flächen so stark, dass sie als Weide unbrauchbar sind. Neue Weideflächen müssen durch fortschreitende Rodung des Urwalds geschaffen werden, was zwangsläufig die Artenvielfalt dieser Flächen vermindert.

Das Untersuchungsgebiet der Forschergruppe liegt im südlichen Ecuador, im steilen Kerbtal des Rio San Francisco zwischen den Provinzhauptstädten Loja und Zamora, wo der Wald an den großen Podocarpus-Nationalpark angrenzt und sich über eine Höhendistanz von fast 2000 m erstreckt. Während die Südflanke des Rio San Francisco-Tals weitgehend Naturwald trägt, wird die Nordflanke seit einer Reihe von Jahren von der Bevölkerungsschicht der "Colonos" land- und forstwirtschaftlich genutzt. Keine der derzeitigen Wirtschaftsweisen ist nachhaltig. Der unmittelbare Vergleich des Naturwalds mit den verschiedenen Formen und Intensitäten menschlicher Eingriffe in den noch bestehenden Wald bzw. die Bewirtschaftung der ehemaligen Waldgebiete liefert Hinweise auf das Nutzungspotential.
Bergregenwald im Untersuchungsgebiet © Wolfgang Wilcke
Bergregenwald im Untersuchungsgebiet
© Wolfgang Wilcke

Estación Científca San Francisco, aufgenommen vom gegenüberliegenden Hang. © Jürgen Homeier (1999)

Logistisches Zentrum der Forschergruppe ist die Forschungsstation „Estación Científica San Francisco“ (ECSF). Sie wurde in den Jahren 1996-1999 von der "Fundatión Científica San Francisco" (jetzt "Nature and Culture International", NCI, San Diego, USA) errichtet. Sie bietet ca. 30 Arbeits- und Schlafplätze. Ein großer Teil der Projekte wird in Kooperation mit ecuadorianischen Wissenschaftlern durchgeführt.

Der Forschungsansatz ist vierstufig:

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Zu Beginn wird der Bestand des Ökosystems aufgenommen sowohl hinsichtlich der geowissenschaftlichen Elemente (z.B. Relief, Groß- und Mikroklima, Wasser, Boden) als auch der Organismen ("abiotische und biotische Kompartimente"). Da eine solche Inventur nie vollständig sein kann, sollen zumindest die wichtigsten Kompartimente qualitativ und quantitativ erfasst werden. Diese Bestandes-Kenngrößen werden in verschiedenen Maßstäben erhoben, je nachdem, ob individuelle Daten erhoben werden (z.B. Mikroklima und Wasserflüsse an einer bestimmten Stelle, Biologie einer bestimmten Pflanzen-, Tier- oder Pilzart) oder ob Bestände bearbeitet werden (großflächige geographische Situationen, Strukturen von Vegetations- und Tierverbreitungsmustern im Sinne von  a- und ß-Diversitäten). Die Bedeutung insbesondere der biologischen Kompartimente für das Ökosystem wird meist erst im Zuge ihrer Erforschung deutlich.


Vegetationsökologen bei der Bestandsaufnahme © Sigrun Lange


Neu entdeckter Falter: Ischnopteris brehmi (Geometridae). © Aquarell: Gunnar Brehm

2 In der zweiten Stufe der Ökosystemanalyse wird die Funktion der Kompartimente untersucht. Um die funktionellen Kenngrößen zu ermittlen, werden Stoffumsätze, Massen- und Energieflüsse zwischen Bio- und Geosphäre, aber auch die "biotischen Interaktionen" (z.B. Blüten- und Fruchtökologie oder die Mykorrhizierung der Bäume) analysiert. Auch hier gilt es, die wichtigsten Interaktionen zu erkennen und zu verstehen. Eine wichtige Methode hierfür ist der Vergleich verschiedener Standorte und Situationen. So sollen die Kenngrößen des ungestörten Bergregenwaldes mit denen nach einem Bergrutsch, einem Waldbrand oder einer in der Waldregion angelegten Wirtschaftsfläche verglichen werden. Besonders wichtig sind von möglichst vielen Arbeitsgruppen ausgewertete Experimente, z.B. die planmäßige Auflichtung einer Fläche durch gezielten  Einschlag oder verschiedene Modelle zur Wiederaufforstung verlassener Weideflächen.
Begleitend werden fortlaufend Klimadaten erhoben, sowohl des Großklimas als auch von verschiedenen Pflanzenstandorten (Mikroklima). Neu ist ein Teilprojekt zur "Landschaftsgeschichte", um das heutige natürliche Ökosystem Bergregenwald als Ergebnis der Entwicklungen in der jüngeren und jüngsten Erdgeschichte zu verstehen.


Tal des Rio San Francisco mit Forschungsstation
© Jens Illig

3 Aus den Bestands- und funktionellen Kenngrößen wird ein Modell gebildet, das dem Verständnis des ökosystemaren Zusammenhänge dienen soll. Stehende Gradienten in diesem Modell sind die Höhenlage und die Intensität der Nutzung ("Höhengradient"; "Nutzungs- bzw. Störungsgradient"). Mit Hilfe von thematischen Luftbildern und Satellitenaufnahmen ("remote sensing") soll es möglich werden, Daten einzelner Organismen auf größere Einheiten zu übertragen, z.B. Kenngrößen des Wasserhaushalts einzelner Bäume auf größere Baumbestände. Im Idealfall kann das Modell Vorhersagen zu verschiedenen Nutzungsarten ermöglichen.
Im Puridea-nutans-Wald auf 2500 Meter Höhe kommen charaktristische Lebermoose, wie Pleurozia heterophylla, vor. © Ulf Soltau
4 Das gebildete Modell soll schließlich Grundlage von Managementempfehlungen für eine nachhaltige Nutzung sein. Darin sind auch die sozioökonomischern Aspekte enthalten.

Besonders wichtig für die Analyse des komplexen Ökosystems ist die Zusammenarbeit und Vernetzung zahlreicher einzelner Arbeitsgruppen und Projekte:

Abb. Leit- und Querschnittsthemen: Zum Vergrössern bitte anklicken!

In der Abbildung wird die Verknüpfung der einzelnen Projekte im Sinne von Leit- und Querschnittsthemen deutlich. Diese beziehen sich vor allem auf die Höhen- und Nutzungsintensitätsgradienten im ungestörten Wald und auf den genutzten Flächen.

Alle Projekte sind auf andere Projekte bezogen. Soweit irgend möglich wird ganz oder teilweise auf den gleichen Messplots oder zumindest in dem als „Kerngebiet“ ausgewiesenen engeren Stationsgelände gearbeitet.

Der Datendokumentation und der Datennutzung durch alle Arbeitsgruppen soll ein netzbasiertes Informations- und Datenbanksystem dienen, das die unterschiedlichen Datenarten der einzelnen Gruppen konvertieren und so für alle nutzbar machen kann. Es wird in Marburg eingerichtet. Eine ganz wesentliche Grundlage des Informationsaustausches bildet eine maßstabsgetreue Kartengrundlage. Dafür wurde das ganze Gebiet mehrfach beflogen, photographiert und ein erstes Orthofotomosaik erstellt.

Forschungsprojekte

Die einzelnen Projekte der Forschergruppe sind in vier Bereiche zusammengefasst:

Projektbereich A: "Interaktive organismische Diversität"

Mit einem innovativen Forschungsansatz wollen die Wissenschaftler dieses Projektbereiches untersuchen, wie die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Organismen komplexe Ökosystemabläufe beeinflussen.

Projektbereich B: "Stoffumsatz und Stoffflüsse"

Da ursächliche Zusammenhänge des Stoffumsatzes und des Stoffflusses in tropischen Bergregenwäldern bislang kaum untersucht sind, wollen die Wissenschaftler wichtige Größen des Wasser- und Stoffhaushalts in ihrer Abhängigkeit von der Höhenlage ("Höhengradient") und vom Grad der Unberührtheit bzw. der Nutzungsintensität ("Störungsgradient") ermitteln. Im Naturwald sollen Stoffumsatzraten und Stoffflüsse entlang des Höhengradienten systematisch und über Transferfunktionen quantifiziert und mathematisch modelliert werden, um zukünftig den Einfluss verschiedener Landnutzungsformen unter Berücksichtigung aller wichtigen Einzelprozesse vorhersagen zu können.

Projektbereich C: "Nachhaltiges Agrar- und Forstökosystemmanagement in Südecuador (NAFIS)"

Der Erhalt der hohen Biodiversität Ecuadors ist nur dann möglich, wenn es gelingt, eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft zu etablieren. Das Ziel der Forscher dieses Projektbereiches ist es, auf wissenschaftlicher Basis bessere Nutzungsweisen aufzuzeigen und neue Nutzungsmöglichkeiten zu erschließen.

Projektbereich D: "Klima und Landschaftsgeschichte"

Das Klima ist im Untersuchungsgebiet mit seiner stark gegliederten Topographie eine der Schlüsselgrößen für die lokale Ausprägung der strukturellen Biodiversität. Da für eine Modellierung aus dem nur schwer zugänglichen Berggebiet bislang noch zu wenig operationelle Wetterdaten vorliegen, wollen die Wissenschaftler vor allem die ausgeprägten raum-zeitlichen Schwankungen erfassen sowie die Klimageschichte erforschen.

Jüngste Fortschritte und weitere Pläne

Frühere Forschungs-Projekte (Extern)

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Last update: 17 July 2008

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© DFG-Forschergruppe "Funktionalität in einem tropischen Bergregenwald Südecuadors: Diversität, dynamische Prozesse und Nutzungspotentiale unter ökosystemaren Gesichtspunkten"

Diese Seite wurde erstellt von Dr. Esther Schwarz-Weig

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